Zu einer Aktion von Bernd Fasching
Der Ort des Geschehens zeigt ein Raumgeviert, der Boden ist mit Sand bedeckt. Der Weg dorthin führt aus der urbanen Geschäftigkeit im kalten Märzwetter zuerst in einen Klangraum. Töne, Geräusche beschallen die Weihburggasse und machen auf jene Schaufenster der Galerie Subal aufmerksam, in denen Plastiken des Künstlers stehen und Flatscreens eine Dokumentation früherer Aktionen zeigen. Der Weg führt durch den Galerieraum und über einige Stufen hinab in den Sand. Jetzt spüren das sogar die beschuhten Füße, wir sind woanders. Es ist ein anderes Gehen und Stehen auf diesem sandigen Boden. Anders als die Straße draußen gibt er dem Körpergewicht nach, läßt Spuren erkennen, und wer immer hier seine Spuren hinterläßt hat damit schon eine Grenze der eignen Erwartungshaltung überschritten und ist vom Zuschauer zum Akteur geworden. Auf diesem Sandboden findet an zwölf Tagen und in zwölf Nächten ein Ereignis statt, in dem Grenzen erodieren. Auch die Grenzen des Raumes selbst lösen sich auf, Tag für Tag aufs neue, denn der Sand begleitet die Besucher hinauf in die anderen Galerieräume und hinaus in die Stadt. Das Reinigungspersonal löscht diese Spuren wie in einem täglichen Ritual, der Sandboden wird täglich geglättet und für die neuen Fußabdrücke aufbereitet. Jeder Tag schreibt so dem Boden seine individuelle Textur ein, wer in diesen Raum vordringt hinterläßt Spuren, die als Zeichen für Begegnungen lesbar werden, wird Autor eines ephemeren Zeichensystems, dessen Signifikanten meist unbemerkt geblieben sind und dessen Signifikate Bedeutungsräume erschließen, die hier nicht zu durchmessen sind, allenfalls dank einiger Markierungen nachvollziehbar werden mögen.
Der erste März 2006 folgt auf einen Neumond. Es ist der Aschermittwoch, der Beginn der österlichen Fastenzeit im Kalender der katholischen Kirche und das ist uns eine Bemerkung wert, weil damit zwei Aspekte in der Inszenierung dieses Ereignisses deutlich werden. Erstens gewinnt der banale Zeitpunkt durch den Bezug auf das kosmische Geschehen – und somit auf die darauf bezogenen Traditionen – an Bedeutung. Auch der Zeitpunkt wird so zum Zeichen, das auf etwas verweist, und sei es auf die Geschichte der Kalendarien und deren kulturprägende Wirkung. Wenn Bernd Fasching nun einen Zeitraum als programmatische Dimension definiert, dann mag in der Betonung dieser gezählten Abfolge von Tagen und Nächten ein Nachklang jenes archaischen Bemühens vernehmbar sein, hinter dem Sonnenlauf und den wechselnden Lichtgestalten des Nachtgestirns geordnete Gesetzmäßigkeiten zu erkennen.
Ein zweiter Aspekt mag deutlich werden, wenn in dieser kosmischen Ordnung den Alltagsdingen ihre Bedeutungen zufallen, eben weil sie im Gefüge einer harmonia mundi aufgehoben sind. Wenn beispielsweise nach dieser Neumondnacht dem gregorianischen Kalender folgend der Monat März beginnt und zufällig der Mondkalender der jüdischen Tradition jetzt den ersten Tag des Monats Adar verzeichnet, dann gewinnt der Zeitpunkt des ersten von zwölf Tagen eine Zeichenhaftigkeit, als ob die kulturellen Schranken zwischen den Traditionen überwunden werden wollten.
Die Schrift des hebräischen Alphabets weist übrigens dem Monat Adar das Zeichen Kof zu, dessen Zahl wert die Hundert bezeichnet und dessen weitere Bezüge (auf das Sternbild Fische, den Stamm Naftali, den Willen, die Milz und das Lachen) die Komplexität der Signifikate in der jüdischen Schriftkultur erahnen lassen. Dieses Kof steht am Anfang von Worten wie keduscha (Heiligkeit), kadosch (Heiliger) und korban, was mit Opfer und mit Holocaust 1 übersetzt werden kann.
Wem die Schriftkultur zur lieb gewordenen Welt geworden ist, wird geneigt sein, eine Begebenheit aus der jüdischen Überlieferung (Kabbala) nachzuvollziehen. Nachmanides erzählt von der Aufforderung eines Rabbi Ismael an einen Thora-Schreiber, er möge vorsichtig bei seiner Arbeit sein, denn es sei eine Gottesarbeit: „Wenn du nur einen Buchstaben ausläßt oder einen Buchstaben zuviel schreibst, zerstörst du die ganze Welt . . .“ 2. Und wem die Schrift zur Welt geworden ist, wird die Welt als Schrift erfahren und den Dingen Zeichenhaftigkeit zuschreiben, wenn es gilt, hinter den Phänomenen den Autor zu entdecken.
Die Einschreibungen, welche den sandigen Galerieboden prägen, verdichten sich an täglich wechselnden Stellen. Dort arbeitet Bernd Fasching an Tafelbildern, deren Grundierung auf Leinwand aus jenem Sand besteht, wie er auch den Boden bedeckt. Dort begegnet er den Menschen, die ihn in seiner öffentlichen Eremitage besuchen, seine Exerzitien begleiten und im Gespräch jene Impulse entwickeln, die für die Ausformulierung der Bildtafeln bestimmend werden. Die Bildsprache ist somit eng verwoben mit den gesprochenen Worten. Was immer auf die Bildfläche kommt, sei es als Farbe, sei es als assembliertes Objekt, es entspricht einer Erzählung. Hinter den Erzählungen stehen die Biografien der Besucherinnen und Besucher. Mit den assemblierten Objekten sind Schicksale verbunden, die in den Erzählungen aufblitzen und die nun – in die Bildoberflächen gleichsam hineinverwoben – den Texturen der Tafeln ihre Form geben. Die Genese der zwölf Arbeiten ist von Begegnungen getragen, die Resultate sind Zeugnisse aus Gesprächen und somit sozialer Interaktion. Wer will, mag darin eine entfernte Verwandtschaft zur sozialen Plastik eines Joseph Beuys erkennen.
Der gelernte Historiker Fasching bezeichnet seine Arbeit als Versuchsanordnung. In einem Zeitraum, der zwei Jahrzehnte umfaßt , hat er diese Versuchsanordnung an sieben Zeitpunkten und sechs Orten auf drei Kontinenten aufgebaut. Die Variablen in dieser Anordnung sind neben den genannten Faktoren die jeweils zufälligen Umfeldbedingungen für die Begegnungen mit den Menschen, er hat aber auch Konstanten vorgesehen. Neben seiner Person, die wir – eine Reifung in zwei Jahrzehnten großzügig ignorierend – als Konstante wahrnehmen wollen, sind wir mit dem Herakles-Mythos konfrontiert, oder besser gesagt, mit jenen zwölf Episoden, die der Held in der Erzählung zu bewältigen hat und mit jenem „Feld der Kunst“, das uns den „White Cube“ der Galerie als Gegenstand einer Beobachtung mit dem Blick der Gesellschaftswissenschaften anempfiehlt. Wir sehen einer Auswertung dieser Versuchsergebnisse gespannt entgegen, erscheinen doch Aussagen über die jeweils unterschiedlichen Interaktionen angesichts eines in der Kunstgeschichte so beliebten Topos, wie ihn das Herakles-Narrativ darstellt, vor dem Hintergrund unterschiedlicher Orte, Kulturen und zeitgeschichtlicher Momente durchaus vielversprechend. Doch sind solche Aussagen jenseits der Begrenztheit persönlicher Erinnerung mit einem seriösen Anspruch auf Wissenschaftlichkeit einzufordern? Noch dazu von einem, nein von dem zentralen Akteur in diesem Feld der Kunst?
Bernd Fasching setzt sich solchen Fragen in seiner Rolle als Künstler aus und holt damit einen Diskurs aus den Gesellschaftswissenschaften in das Getriebe der Kunst – nicht erstmals in der Geschichte der Kunst, aber an prägnanter Stelle. Wenn er ironisierend oder ernst gemeint (das festzustellen wird weiteren Beobachtungen obliegen) die Methoden der Feldforschung apostrophiert, positioniert er sich auf beiden Seiten jener Grenze, die bislang Kunst und Wissenschaft voneinander zu trennen wußte, als teilnehmender Beobachter, der in der Verkleidung des Provokateurs auftritt, als einer, der im Wortsinn des pro-vocare etwas hervorruft, beispielsweise das Echo des Mythos in der erlebten und zuweilen in der erlittenen Biografie seiner Gesprächspartner.
Der große Antagonist im wissenschaftlichen Diskurs um jene Feldforschung, die maßgeblich von Bronislaw Malinowski und Margret Mead begründet worden ist, jener Antagonist Claude Levi-Strauss mahnt zur Vorsicht, wenn den Namen der mythischen Figuren hypothetischer Sinn zukommen soll, denn „die Sprachforscher messen dem kaum Beachtung bei, da im Allgemeinen der Sinn eines Ausdrucks erst zu definieren ist“ 3, wenn er seiner Analysemethode unterzogen wurde.
Auch hier erleben wir eine Provokation, welche die Aufmerksamkeit dorthin lenkt, worauf die Warnung verweist. Umso mehr, wenn Hans Blumenberg im Zusammenhang mit der Namensbedeutung mythischer Figuren an die Goethe’schen „Regeln für den Schauspieler“ 4 erinnert, wo der Dichter die Eigennamen als „den ganzen Sinn festhaltende“ 5 Bedeutungsträger bezeichnet.
Was also liegt im Namen des mythischen Helden Herakles verborgen?
Zuerst wohl ein weiterer Name und zwar kein geringerer als jener der Hera, deren Fluch die Geschichte des Helden begleitet. Die Titanin, die Tochter des Kronos und der Rhea, schlägt den Sohn ihres Gemahles Zeus und der Alkmene mit Wahnsinn. Ihr Name, „die Starke“ ist erst über eine pythische Priesterin in den Namen des Helden eingegangen. Vorher war er unterschiedlichen Quellen zufolge als Alkeides oder Alkaios wie seine Mutter Alkmene mit dem Begriff der alke, also dem Heldenmut verbunden. Der Ausgangspunkt des Weges zum Orakel ist nach manchen Erzählern eine Bluttat des Helden, als er im Wahn seine Frau und seine Kinder tötet. Bei Euripides findet die Wahnsinnstat statt, nachdem der Held aus der Unterwelt zurückgekehrt war, Kerenyi 6 verweist jedoch auch auf Erzählungen, die mit dem Mord an der Megara (megalos heißt soviel wie außerordentlich, in hohem Maße) und an den acht Söhnen, die sie ihm gebar, die Geschichte der zwölf Arbeiten beginnen lassen. Dieser Version folgen auch Grant und Hazel 7 in ihrem Lexikon. Nun, erst nach seiner Schreckenstat also, wird der Heldenmutige zum Herakles, „Dem Hera den Ruhm gab“ 8 und er hat die zwölf Heldentaten als Sühne abzudienen.
Die Exerzitien, denen sich Bernd Fasching in den zwölf Tagen und Nächten zum siebenten ‚und letzten Mal unterzieht, sind von den retardierenden Elementen der mit großer Geduld immer wieder vorgetragenen Episoden aus der Mythologie und der Entstehungsgeschichte der einzelnen Bildtafeln getragen. So verflicht er die Erzählstränge aus den Biografien seiner Gesprächspartner mit den Heldengeschichten. In kurzen Zusammenfassungen sind die so entstandenen Reflexionen in seinen Internetseiten 9 dokumentiert. Damit zeigt die Versuchsanordnung neben den Bildtafeln auch Ergebnisse, welche die Begrenztheit des Labors im White Cube durchdringen und Verweise über das Feld der Kunst hinaus, auf die vielfältigen Lebensbezüge seiner Gesprächspartner anbieten. Was sein Erkenntnisinteresse angeht, also die Grundlage für den Versuch und seine Methodenwahl, läßt uns Bemd Fasching im Unklaren und überantwortet uns unseren Vermutungen.
Das wahrscheinlich ursprünglichste Thema in der Annäherung des Bemd Fasching an das Narrativ des Herakles ist wohl der Mythos (besser vielleicht: das Mythische) selbst. Er betritt einen Schauplatz abendländischen Denkens, in welchem das Theatrum Mundi zum einen als Pandämonium göttlicher Wirkkräfte in der mythischen Erzählung aufzutreten pflegt, und wo auf der anderen Seite eine entzauberte Welt der vernunftgeleiteten Beschreibung nackt gegenüber steht. Beide Weltbeschreibungsmodelle erheben einen Anspruch auf Wahrheit und begleiten als fruchtbare Antagonisten auch die moderne und noch viel mehr die postmoderne Geistesgeschichte. Ein Hinweis auf das Ödipus-Motiv 10 und seine Wirkmächtigkeit über die Psychoanalyse hinaus – nicht zuletzt in der Gegenposition als „Anti-Ödipus“ 11 – möge hier zur Illustration genügen.
Dieser Schauplatz ist wohl das eigentliche Terrain der Versuchsanordnung. Aufgespannt zwischen Mythos und Logos, zwischen Erinnerung und Historizität, Überlieferung und Analyse positioniert Bernd Fasching diese grenzüberschreitende Arbeit.
Wer in diesen Tagen nach dem Aschermittwoch seine Schritte in der Galerie nicht die Stufen hinab zum Sandboden gelenkt hat, sondern einige Schritte hinauf auf die etwas angehobene Etage, konnte dort Getränke konsumieren. Dass hier just in der Fastenzeit während dieser Aktion des Bemd Fasching ausgeschenkt worden ist, wird den aufmerksamen und etymologisch 12 bewanderten Beobachter amüsiert haben. Denn das im Mittelalter übliche Ausschenken des Fastentrunkes hat zu jenem mittelhochdeutschen Begriff „vast-schanc“ geführt, der im 17. Jahrhundert seine Endung auf -ing erhalten hat und fortan als Fasching bezeichnet worden ist. Und trotz der Mahnung des Claude Levi-Strauss auf den Geschmack des in den Namen verborgenen Wortwitzes gekommen, sind wir über eine weitere Zufälligkeit nicht mehr überrascht. Wir bemerken, dass der Künstler mit seiner Zuneigung zum Helden, der die Stärke im Namen führt, selbst nach diesem Attribut des Herakles benannt worden ist. Denn Bernd ist eine Kurzform des Bernhard, also jenes Namens, der soviel wie „bärenstark“ bedeutet.
Wie halten wir es nun mit Goethes Diktum, wonach die Namen als Sinnträger zu befragen sind? Hat da der Bärenstarke seine Kräfte in den chthonischen Gefilden der Fastschank erprobt und die mythische Sühnetat seines entfernten Namensvetters, nun eingewoben in die Erzählstränge ungezählter Gesprächspartner, in bedeutungsschwangeren Zeiträumen verdichtet? War es Kalkül des Künstlers oder das Werk der Moiren, die mit ihrem Schicksalsgespinst in die Terminplanung der Galerie hineingewirkt haben, auf dass wir der Fügung von Wort und Welt staunend gewahr werden dürfen?
Nun, so gefragt erscheint die Inszenierung samt Personal bereits als Bestandteil des oben angesprochenen Pandämoniums göttlicher Wirkkräfte. Ob das im Sinn des Künstlers ist, bleibe dahingestellt. Jedenfalls hat die Versuchsanordnung zutage gebracht, welche Vitalität das archaische Mythologem entfalten kann, sogar im säkularisierten Umfeld einer sich aufgeklärt gerierenden Gesellschaft. Woraus bezieht diese Vitalität ihre Kraft? Aus der Widersprüchlichkeit des Mythischen? Jan Assmann 13 schreibt den archaischen Erzählungen zwei einander widersprechende Funktionen zu. Einerseits läßt der Mythos das Gegenwärtige als gottgewollt, notwendig und unabänderlich erscheinen. Zugleich jedoch bedient er die Sehnsucht nach einer Lebensform jenseits der beengenden Reglements unseres zivilisierten Daseins. Diese Relativierung der Gegenwart habe bereits in der Entstehungszeit der Mythen – so Assmann – die Menschen bewegt. Damals lebten sie „in einer Übergangszeit, in der die griechische Welt sich verändert und die großräumige, ungebundene Lebensweise des rossezüchtenden Adels der engräumigeren, gemeinschaftlich gebundenen Lebensweise der Polis weicht.“ 14
In beiden Aspekten beobachtet Assmann eine in die Gegenwart hineinwirkende orientierende Kraft, die zur Wirkung kommt, wo die Erzählung zur Identifikation einlädt und handlungsleitende Bedeutungen anbietet. Stoßen die Angebote auf eine Nachfrage, kann sich diese Kraft als „Mythomotorik“ 15 entfalten.
So gesehen begegnet uns Bemd Fasching als Maschinist eines „Mythomotors“, der in den zwei Jahrzehnten seiner Versuchsanordnung weitreichenden gesellschaftlichen Brüchen und Veränderungen als Zeitgenosse gegenüber steht – man denke nur an eine gegenüber dem Jahr 1987 vollkommen veränderte geopolitische Situation und an die technologischen Entwicklungen dieser Zeitspanne. Er betreibt diesen Motor mit bemerkenswerter Kunstfertigkeit. Ob und wohin wir uns mit dieser Kraft bewegen lassen wollen, werden wir, jeder für sich zu entscheiden haben.
Anmerkungen:
1) Vgl. Gabriele Mandel, Gezeichnete Schöpfung – Eine Einführung in das hebräische Alphabet und die Mystik der Buchstaben. Fourierverlag , Wiesbaden 2003, S. 75.
2) Gershom Scholem, Zur Kabbala und ihrer Symbolik, Suhrkamp Taschenbuch 1973, S. 58.
3) Claude Levi-Strauss, „Die Struktur der Mythen“. In: Claude Levi-Strauss, Strukturale Anthropologie. Suhrkamp 1967, S. 226-254.
4) Johann Wolfgang v. Goethe, Regeln für den Schauspieler, 1803, § 27; Werke, XIV 80
5) Hans Blumenberg, Arbeit am Mythos, Suhrkamp, 2006, S. 304.
6) Karl Kerenyi, Die Mythologie der Griechen, Band 11: Die Heroengeschichten, C. H. Beck’sche Buchdruckerei, Nördlingen, 1992.
7) Michael Grant und John Hazel, Lexikon der antiken Mythen und Gestalten, DTV, München 1980, S. 185 ff.
8) Kerenyi, S. 106.
9) http://www.berndfasching.at/
10) In seiner Freud-Biografie zitiert Ludwig Marcuse die Position von Sigmund Freud in der Auseinandersetzung mit Gustav Jung, wo Freud über den Ödipus-Komplex schreibt, dieser „war nur symbolisch gemeint, die Mutter darin bedeutet das Unerreichbare, auf welches man im Interesse der Kulturentwicklung verzichten muß; der Vater, der im Ödipus-Mythos getötet wird, ist der ,innerliche‘ Vater, von dem man sich freizumachen sucht, um selbständig zu werden … In Wirklichkeit hatte man aus der Symphonie des Weltgeschehens ein paar kulturelle Obertöne herausgehört und die urgewaltige Triebmelodie wieder einmal überhört.“ Ludwig Marcuse, Sigmund Freud. Diogenes Verlag, Zürich, 1972, S. 19.
11) Gilles Deleuze und Felix Guattari, Anti-Ödipus. Kapitalismus und Schizophrenie I, Frankfurt a. M., 1974.
12) Wir folgen hier dem Duden – Das Herkunftswörterbuch , die Etymologie der deutschen Sprache. Bibliographisches Institut AG, Mannheim, 1963.
13) Jan Assmann, Mythomotorik der Erinnerung. Fundierende und kontrapräsentische Erinnerung. In J. A. Das kulturelle Gedächtnis. Schrift, Erinnerung und politische Identität in frühen Hochkulturen. München 1997.
14) Assmann, S 78 ff.
15) Hier bezieht sich Assmann auf den von Ramon d’Abadal i Vinyals bereits 1958 geprägten Begriff „mythomoteur“.
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